Der Anspruch der EVN an ihre Lieferanten
Aspekte: Bewertung der Lieferanten; Beschwerdeverfahren
Die schrittweise Implementierung von Nachhaltigkeitskriterien bei der Auswahl der Lieferanten und ihrer Produkte und Dienstleistungen nimmt in der CSR-Agenda der EVN einen hohen Stellenwert ein. Ziel ist eine nachhaltige Ausrichtung der Beschaffung. Dabei spielt der kontinuierliche Dialog mit den Lieferanten eine wichtige Rolle
Integritätsklausel und Richtlinien für Vertragspartner
Eine Integritätsklausel für Lieferanten definiert die Richtlinien der nachhaltigen Beschaffung sowie die Aufgaben und Pflichten der Lieferanten in elf Punkten, die insbesondere die Bereiche Menschenrechte, Arbeitspraktiken, Umwelt- und Ressourcenschonung sowie Geschäftsethik abdecken. Sie gilt für alle Lieferanten (100 %) von Produkten und Dienstleistungen, die über die Konzernfunktion Beschaffung für die Standorte in Österreich, Bulgarien und Mazedonien abgewickelt werden, und ist auf der Homepage der EVN für alle Investoren, Investitions- und Beteiligungspartner, Auftragnehmer und Stakeholder abrufbar (www.evn.at/Integritaetsklausel). Die Integritätsklausel liegt jeder Bestellung und Ausschreibung bei und wird dadurch immer zum Vertragsbestandteil. Ihre Einhaltung seitens der Lieferanten wird durch die EVN überprüft, wofür eigens ein Fragebogen entwickelt wurde. In den Geschäftsjahren 2012/13 und 2013/14 wurden bei den wichtigsten Lieferanten auch gezielte Vor-Ort-Überprüfungen durchgeführt. Zusätzlich werden anlassbezogen sowie im Rahmen von Terminen bei den Lieferanten Überprüfungen mittels Kontrollbogen durchgeführt. Die in der Berichtsperiode durchgeführten Auditierungen haben keine Beanstandungen ergeben.
Aufgrund ihrer internationalen Ausrichtung ist die EVN auch in Ländern mit einem weniger ausgeprägten Verständnis für Fragen der Menschenrechte tätig bzw. bezieht von dort über ihren zentralen Einkauf fallweise Dienstleistungen, Materialien und Produkte. Im sensiblen Bereich der Beschaffung von Textilien (Arbeitsbekleidung) wurde der Bezug aus Risikoländern durch eine entsprechende interne Regelung ausgeschlossen. Stufenweise wird bei weiteren Produktgruppen ein solcher Ausschluss umgesetzt, oder es werden spezifische Kriterien und Maßnahmen eingeführt, die die konzernweite Integritätsklausel umsetzen bzw. über diese sogar hinausgehen. Ein Beispiel dafür ist die Kohlebeschaffung aus Polen oder Russland: Hier werden Untersuchungen und Kontrollen zur Beurteilung der Einhaltung der Menschen- und Arbeitnehmerrechte sowie der Lebens- und Arbeitsbedingungen durchgeführt, bevor ein Auftrag erteilt wird.
Seit dem Geschäftsjahr 2011/12 wird, insbesondere bei der Beschaffung von Risikoprodukten, den Ausschreibungen der EVN eine zusätzliche Checkliste beigelegt, deren Beantwortung weiterführende Informationen hinsichtlich der Umweltverträglichkeit und Wiederverwertbarkeit von Produkten und Verpackungen sowie zu Zertifizierungen der Hersteller liefern soll. Dieser Kontrollbogen soll nicht zuletzt die Überprüfung der Lieferanten auf Einhaltung und Erfüllung der Integritätsklauseln vereinheitlichen. Die wichtigsten Lieferanten der EVN wurden seit seiner Einführung bereits einer entsprechenden Kontrolle unterzogen.
In der EVN Tochter WTE wurden die Abschnitte „Partner und Lieferanten“ sowie „Integrität und Vermeidung von Korruption“ des EVN Verhaltenskodex in der Beschaffung zu 100 % umgesetzt. Besonderes Augenmerk liegt hier auch auf der Einhaltung der Menschenrechte gemäß dem entsprechenden Abschnitt des Verhaltenskodex. Seit dem Geschäftsjahr 2011/12 ist die EVN Integritätsklausel Bestandteil aller Lieferantenverträge, die durch die WTE Niederlassung in Deutschland eingegangen werden. Schon im Stadium der Angebotseinholung wird die Integritätsklausel beigefügt und auf deren Beachtung hingewiesen. In den Vertragsverhandlungen wird sie explizit erörtert und den Lieferantenverträgen als Vertragsanlage beigefügt. Im Bereich Beschaffung und Einkauf der Niederlassung in Polen wurde die Integritätsklausel den Lieferantenverträgen bisher zwar noch nicht beigefügt. Allerdings wurden die Lieferantenverträge stets unter Berücksichtigung der Vertragsanlage „Employer’s Requirements“ abgeschlossen. Diese Vertragsanlage deckt die Anforderungen an die Lieferanten bei von der EU geförderten Projekten ab und verlangt von den Auftraggebern neben entsprechenden Nachweisen zur Qualitätssicherung sowie zum Sicherheits- und Gesundheitsschutz auch Ursprungszeugnisse aller gelieferten Einzelkomponenten. Diese werden durch den Lieferanten zur Verfügung gestellt und belegen die Herkunft der eingesetzten Materialien. Dadurch sind in der Regel Komponenten und Materialien aus Drittstaaten außerhalb der EU ausgeschlossen. Bereits seit 2007 verfolgt die WTE das Ziel, die Beschaffung von Produkten aus Höchstrisikoländern, wie z. B. Indien und China, zu vermeiden.
Zertifizierungen und Vor-Ort-Besichtigungen
In ausgewählten Produktgruppen hat die Konzernfunktion Beschaffung der EVN wesentliche Zulieferer und Auftragnehmer – vor allem solche aus Herkunftsländern außerhalb der EU – unter Nachhaltigkeits- und Menschenrechtsaspekten geprüft. Diese Kontrollen erfolgen stichprobenartig sowie regelmäßig bei der Vergabe von wesentlichen Aufträgen an neue Lieferanten. Der Großteil der Lieferungen wird aus der EU bezogen. Lieferanten, die ihren Sitz nicht in der EU haben, werden von der EVN vor Ort auditiert. Speziell bei Unternehmen des Baugewerbes überprüft die EVN ihre Auftragnehmer hinsichtlich der Verpflichtung zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge für ihre Arbeitnehmer. Diese Überprüfung findet bei 100 % der österreichischen Auftragnehmer für Bauleistungen mit einem Volumen von über 10.000 Euro statt. Bisher wurde kein Auftragnehmer der EVN identifiziert, der seinen Verpflichtungen zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen nicht nachkam.
In der Primärenergiebeschaffung wird insbesondere die Lieferkette von Kohle einer Überprüfung unterzogen. Alle Kohleminen, deren Kohle die EVN im Geschäftsjahr 2013/14 zur Energieerzeugung einsetzte, erfüllen weitreichende internationale Standards und sind auch durchwegs nach ISO 14001 (Umweltmanagement) zertifiziert. Die Mine in Amerika, von der die EVN Kohle bezieht, ist zudem nach OAHSAS 18001 (Occupational Health and Safety) zertifiziert. Regelmäßige Besichtigungen vor Ort finden nicht nur auf den Zwischenebenen der Lieferkette – etwa bei Kohleaufbereitungsunternehmen – statt, sondern auch auf Ebene Tier 3, also direkt in den Kohleminen. Im Geschäftsjahr 2013/14 führte die EVN Vor-Ort-Besichtigungen in einer Mine bzw. bei einem Aufbereitungsunternehmen durch. ImFall von Beanstandungen werden diese den Betreibern direkt gemeldet, und es wird um Lösung des Problems ersucht. Kommt es zu keiner zufriedenstellenden Lösung, werden Verträge in letzter Konsequenz aufgelöst.
- GRI-Indikatoren: Anteil neuer Lieferanten, die anhand von ökologischen Kriterien (EN32), in Hinblick auf Menschenrechte (HR10), Arbeitspraktiken (LA14) und Auswirkungen auf die Gesellschaft (SO9) überprüft wurden
Stromkennzeichnungspflichten
Für den gesamten an Kunden in Österreich gelieferten Strom legt die EVN entsprechend den gesetzlichen Regelungen auf der Rechnung die Herkunft offen. Diese Nachweise für die Stromherkunft zeigen, welche Anteile im gesamten Versorgungsmix der EVN Energievertrieb GmbH & Co KG aus welchen Primärenergieträgern stammen. Ebenso werden auf der Rechnung die Umweltauswirkungen (CO2-Emissionen und radioaktiver Abfall) ausgewiesen. Beides wird jährlich nach Ablauf eines Geschäftsjahres von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer geprüft und der Regulierungsbehörde vorgelegt. Im Geschäftsjahr 2012/13 wurden hier alle Strommengen mit Nachweisen aus österreichischer Stromproduktion belegt. Die Daten für das Geschäftsjahr 2013/14 werden erst nach dem Redaktionsschluss des Ganzheitsberichts vorliegen.
- GRI-Indikatoren: Kennzeichnung von Produkten und Dienstleistungen (PR4); Produktinformation (PR3); Anteil neuer Lieferanten, die anhand von ökologischen Kriterien (EN23) überprüft wurden
- Für Details zur Stromzusammensetzung nach Primärenergieträgern siehe hier 57.
Beschwerdeverfahren
Für Beschwerden besteht in Niederösterreich eine Anlaufstelle, bei der alle am Vergabeprozess teilnehmenden Bieter kostenlos und ohne die Notwendigkeit eines Rechtsbeistands Beschwerde einlegen bzw. Aufklärung verlangen können. Diese unabhängige Stelle ist gesetzlich verankert, und aufgrund der Tätigkeit der EVN als Sektorenauftraggeber wird bei jedem Vergabeprojekt schon in der Präqualifizierung/Ausschreibungsphase auf diese Kontaktstelle hingewiesen. In den letzten Jahren gab es keine berechtigten Einwände.
Arbeitspraktiken und menschenwürdige Beschäftigung
Um Risiken bezüglich der Arbeitssicherheit zu minimieren, arbeitet die EVN nur mit ausgesuchten Partnern zusammen und verpflichtet diese vertraglich dazu, ausschließlich geschultes Personal einzusetzen. Zur Überprüfung der Einhaltung dieser Vorgaben werden erfahrene und gut ausgebildete Mitarbeiter der EVN eingesetzt, Stakeholder — Lieferanten 96 so etwa als Baukoordinatoren oder als Bauaufsicht. Auftragnehmer und Sublieferanten kommen, insbesondere bei Wartungs- und Revisionsarbeiten sowie beim Bau neuer Kraftwerke und Übertragungsnetze, zeitlich begrenzt zum Einsatz. Insgesamt waren in der Berichtsperiode mehr als 5.000 Auftragnehmer und Sublieferanten im In- und Ausland für die EVN tätig. Eine zentrale Erfassung der geleisteten Arbeitstage von Auftragnehmern und Sublieferanten wird von der EVN nicht vorgenommen, da dies keine wesentliche Aussagekraft zu deren Arbeitspraktiken hätte.
Sicherheits- und gesundheitsrelevante Fremdleistungen (z. B. im Bereich Hoch- und Tiefbau) werden konzernweit über Rahmenverträge von etwa 300 präqualifizierten Unternehmen bezogen. Als integrierende Bestellgrundlage schreibt Integritätsklausel unter Punkt 4 „Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz“ die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz sowie den freien Zugang zu Trinkwasser und sanitären Einrichtungen, geeigneten Brandschutz, Beleuchtung, Belüftung, geeignete persönliche Schutzausrüstung und Einschulung für deren korrekten Gebrauch vor. Weiters müssen die Unternehmen ihre Mitarbeiter gemäß § 14 ASchG und § 154 BauV unterwiesen haben. Dieselben Regelungen gelten für die von ihnen beauftragten Subunternehmer. Nachweise über die entsprechenden Unterweisungen müssen unaufgefordert vorgelegt werden. Die Auftragnehmer sind weiters aufgefordert zu bestätigen, dass sie für die Abwicklung der beauftragten Arbeiten die entsprechende Befugnis und Befähigung haben. Für die internationalen Tochtergesellschaften gelten vergleichbare Gesetze und Prinzipien.
- GRI-Indikatoren: Arbeitstage von Auftragnehmern und Sublieferanten für Bautätigkeiten, Wartung und Instandhaltung (EU17); Anteil der Auftragnehmer und Sublieferanten, die Gesundheits- und Sicherheitstrainings absolviert haben (EU18)