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Energiepolitisches Umfeld in Südosteuropa

Bulgarien

In Entsprechung der EU-Richtlinien zum Elektrizitäts- bzw. Erdgasbinnenmarkt wurde per 1. Oktober 2006 die gesell- schaftsrechtliche Entflechtung der Netzbetreiber und Stromversorger in Bulgarien umgesetzt. Die Tochtergesellschaft EVN Bulgaria EP ist für den Netzbetrieb, EVN Bulgaria EC für den Vertrieb verantwortlich.

Der Energiemarkt ist in Bulgarien gemäß Energiegesetz seit Juli 2007 zwar vollständig liberalisiert, eine tatsächliche Wettbewerbssituation stellt sich bislang jedoch noch nicht ein. Der Gasmarkt ist vollständig reguliert. Im Stromsegment wurden Endkunden – mit Ausnahme einiger industrieller Großkunden – bis Ende 2011 weiterhin vom zentralen öffentlichen Stromversorger, der nationalen Elektrizitätsgesellschaft Natsionalna Elektricheska Kompania EAD (NEK), beliefert. Die Versorgung erfolgte über die drei regionalen Netzbetreiber bzw. Stromversorger (EVN, CEZ, Energo-Pro). Langfristige Bezugsverträge zwischen den Stromproduzenten und der NEK stehen der tatsächlichen Öffnung des Strommarkts entgegen. Ebenso hinderlich ist die Zuweisung festgelegter Mengen von der Regulierungsbehörde State Energy and Water Regulatory Commission (SEWRC) an die regionalen Stromversorger zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit. In 2011 boten nur zwei staatliche Stromkraftwerke und fünf Handelsgesellschaften Strom zum nichtregulierten Preis an.

Die Anpassung des Energiegesetzes per Juli 2012 führt zu einer Erweiterung des Kreises der zum freien Stromeinkauf zugelassenen Endkunden im Mittelspannungsnetz. In Südostbulgarien, im Versorgungsgebiet der EVN, haben nunmehr 1.400 Unternehmen die Möglichkeit, den Stromanbieter frei zu wählen.

Für die regulierten Lizenzen (Erzeugung, Übertragung, System Operator, Öffentlicher Lieferant, Verteilernetz, Endversorger) werden die Preise vom Regulator festgelegt. Die Verantwortung für die Lizenzen Erzeugung aus Wasserkraftwerken, Öffentlicher Lieferant und Übertragungsnetz übt die nationale Elektrizitätsgesellschaft NEK aus. Die Lizenz System Operator liegt im Verantwortungsbereich ihrer Tochtergesellschaft Elektroenergien Systemen Operator EAD. Die regulierten Energiepreise liegen unter den Marktpreisen an den europäischen Strombörsen. Für den Kunden bedeutet dies, dass durch den Wechsel in den freien Markt keine Einsparungen erzielt werden können, was einer tatsächlichen Marktöffnung entgegensteht.

Die Preisanpassungen für alle Versorgungsfunktionen und Änderungen in den Preiskomponenten der Strompreise erfolgen jährlich in Entsprechung der gesetzlich vorgeschriebenen Entflechtung. Die Netztarife werden aufgrund eines den EU Standards entsprechenden Regulativs festgelegt (siehe Tabelle weiter unten). Die tatsächliche jährliche Preisanpassung der Endkundenpreise für Strom wird durch die wirtschaftlichen und sozialpolitischen Ziele der Regierung maßgeblich beeinflusst. In den ersten drei Preisperioden der aktuellen fünfjährigen Regulierungsperiode, die seit dem Jahr 2008 läuft, lag die Erhöhung der Endkundenpreise für Strom unter jener des Übertragungsnetzbetreibers und des System Operators. Dadurch gerieten die regionalen Stromversorger hinsichtlich der Profitabilität deutlich unter Druck. Im vierten Regulierungsjahr, 2011, wurden die Endkundenpreise für Strom jedoch durch den Regulator erhöht. Die Preise für beschaffte Energie sowie die Tarife des Übertragungsnetzbetreibers und des System Operator blieben in Summe etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Die Endkundenpreiserhöhung für Strom per 1. Juli 2012 wurde vor allem mit den höheren Einspeisetarifen, dem höheren Anteil an erneuerbaren Energien sowie den erstmals anfallenden Kosten für die zugekauften CO2-Emissionszertifikate begründet.

Im Wärmebereich startete eine zweijährige Regulierungsperiode per 1. Juli 2012. Eine Erhöhung der Endkundenpreise für Wärme aufgrund einer Erhöhung des Gasbezugspreises wurde per 1. April 2012 genehmigt. Diese hat die EVN an ihre Kunden nicht weitergegeben. Per 1. Juli 2012 hat der Regulator die Gasbezugspreise erhöht, was zu einer Erhöhung der Endkundenpreise für Wärme führte. Für die EVN hatte jedoch die Inbetriebnahme der Cogeneration-Anlage in Plovdiv eine Reduktion des Gasbezugspreises zur Folge, da die erzielten Effizienzgewinne zu einer Verringerung des spezifischen Gasverbrauchs führten.

Im Mai 2011 hat das bulgarische Parlament die Energiestrategie 2020 beschlossen. Im Mittelpunkt der Strategie stehen die Erhaltung der Versorgungssicherheit, die Steigerung der Energieeffizienz, der Schutz der Endkunden sowie die Entwicklung eines liberalisierten Energiemarkts und die Erhöhung der erneuerbaren Energiekapazitäten. Der Anteil der erneuerbaren Energiequellen soll sich demnach von 9,4 % in 2005 auf 16,0 % bis zum Jahr 2020 erhöhen. Welchen Anteil an dieser Steigerung dem Stromsektor zuzuschreiben ist, ist jedoch ungewiss. Zugleich wurde ein neues Ökostromgesetz beschlossen: Der Regulator wird jährlich eine Obergrenze für den Netzanschluss neuer Kapazitäten aus erneuerbarer Energie bestimmen. Die Einspeisetarife für die Dauer des Stromliefervertrags (bei Windanlagen für 20 Jahre, bei Photovoltaikanlagen für 12 Jahre) werden jeweils mit 1. Juli festgelegt.

Am 16. Juli 2012 wurde vom Regulator in Bulgarien eine Änderung an der Methodologie zur Kompensation der Mehrkosten für Ökostrom und für Strom aus hocheffizienten Cogeneration-Anlagen mit Wirkung vom 1. Juli 2012 beschlossen. Durch die große Anzahl von neuen Anschlussverträgen mit Ökostrom-Erzeugern kommt es zu steigenden Absatzmengen, wodurch die Strombezugskosten der EVN Bulgaria EC deutlich steigen werden. Das bulgarische Gesetz für erneuerbare Energie sieht eine Abgeltung dieser Mehrkosten durch die Endkunden vor. Die hieraus erwarteten Ansprüche wurden im Geschäftsjahr 2011/12 als Forderung abgegrenzt. Im September 2012 wurden darüber hinaus die Einspeisetarife für Ökostrom vom Regulator um bis zu 20,0 % gekürzt, gleichzeitig wurde eine neue laufende Abgabe für den Netzzutritt bei bestehenden Anlagen eingeführt.

Im Rahmen des Nationalen Allokationsplans wurden der EVN gratis CO2-Emissionszertifikate von 0,1 Mio Tonnen für die Anlagen in Bulgarien zugeteilt. In Bulgarien ist die EVN Vorreiter und handelt als erstes Unternehmen mit CO2-Zertifikaten.

Mazedonien

Das Parlament verabschiedete am 3. Februar 2011 das neue Energiegesetz, das den Anforderungen der Energy Community zur Etablierung des liberalisierten Strommarkts entspricht. Es zielt auf die Öffnung des Strommarkts und seine Integration in die internationalen Strommärkte aufgrund der ratifizierten Verträge ab und fördert die Verbesserung der Energieeffizienz sowie den Ausbau erneuerbarer Energien. Die Unabhängigkeit des Regulators wird gestärkt, seine Aufgaben wurden erweitert. Das Gesetz schreibt zudem die klare Entflechtung für Versorgungsfunktionen für Strom (Erzeugung, Netzbetrieb, Versorger) vor. Für die EVN Macedonia sind folgende Änderungen von zentraler Bedeutung: Die Beschaffung der Netzverluste am freien Markt wird transparent gestaltet, und die vom Regulator anerkannten Netzverluste werden mit dem Unternehmensplan zur Reduzierung der Netzverluste abgestimmt.

Dem Energiegesetz entsprechend wurde mit Wirkung von 1. Jänner 2012 die Entflechtung der Stromerzeugung von der EVN Macedonia durchgeführt. Die Ausgliederung der Versorgungsfunktion in eine unabhängige Gesellschaft wird für Ende 2013 erwartet.

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Regulierungsmodell für Netznutzungstarife
in Bulgarien und Mazedonien
Bulgarien
Strom
Bulgarien
Wärme
Mazedonien
Strom
1) Die Erlösobergrenze umfasst die anerkannten operativen Kosten, die Abschreibungen und die angemessene Kapitalrendite auf Regulierte Kapitalbasis.
2) Jährliche Überprüfung und Genehmigung des Investitionsplans durch Regulierungsbehörde
Regulierungsbehörde State Energy and Water
Regulatory Commission
(SEWRC)
State Energy and Water
Regulatory Commission
(SEWRC)
Energy Regulatory
Commission
(ERC)
Anfang der Regulierungsperiode 1. Juli 2008 1. Juli 2012 1. Jan. 2012
Nächste regulatorische Anpassung 1. Juli 2013 1. Juli 2014 1. Jan. 2015
Länge der Regulierungsperiode 5 Jahre 2 Jahre 3 Jahre
Regulierungsmethode 1) Erlösobergrenze Erlösobergrenze Erlösobergrenze
Gewichteter Kapitalkostensatz (WACC)
vor Steuern, nominal
12,0 % 7,0 % 6,7 %
Anerkannte Netzverluste 15,0 % Nein 14,0 %
Produktivitätsfaktor Ja Ja Nein
Investitionsfaktor 2) Ja Ja Ja

Der Strommarkt in Mazedonien ist jedoch nach wie vor stark reguliert und nach dem Single-Buyer-Modell organisiert. Der staatliche Energieversorger ELEM und das Wärmekraftwerk TEC Negotino sind für die Stromerzeugung zuständig. MEPSO betreibt das staatliche Übertragungsnetz, und die EVN Macedonia versorgt die Endkunden. Mit Ausnahme von neun Großkunden (110 kV), die schon aktuell direkt von MEPSO Energie beziehen, werden alle Kunden noch von der EVN Macedonia versorgt. Auf Basis der derzeitigen Rechtslage wird mit einer Marktöffnung für alle Nicht-Haushaltskunden mit 1. Jänner 2014 gerechnet. Während ab diesem Zeitpunkt alle Großkunden (mit einem Umsatz von über 10,0 Mio. Euro und einer Mitarbeiterzahl ab 50) den Stromlieferanten frei wählen müssen, können alle anderen Stromkunden auch weiterhin ohne Änderung von der EVN Macedonia versorgt werden. Mit der Marktöffnung für Haushaltskunden wird auf Basis der derzeitigen Diskussionen frühestens ab 1. Jänner 2015 gerechnet.

ELEM ist in der Funktion als nationaler Energiepool verpflichtet, die EVN Macedonia mit einer bestimmten Strommenge zu versorgen. Diese wird aufgrund des vom Regulator gemessenen Kundenbedarfs und anerkannter Netzverluste errechnet. Nachdem bisher die Verpflichtung zur Tragung der Beschaffungskosten am Großhandelsmarkt für den nicht durch mazedonische Erzeugungskapazitäten abgedeckten Energieverbrauch bei der ELEM lag, wird diese Verantwortung ab 1. Oktober 2012 auf die EVN Macedonia übertragen. Die Anpassung der Endkundenpreise am 1. August 2012 diente primär der Abdeckung dieser zusätzlichen Beschaffungskosten.

Per 1. Jänner 2012 wurde für den Strom-Netzbereich von der mazedonischen Regulierungsbehörde Energy Regulatory Commission (ERC) die zweite dreijährige Regulierungsperiode eingeführt. In der Formel zur Berechnung der Netztarife wurden im Vergleich zur vorangegangenen Regulierungsperiode die Kapitalkosten reduziert, der anerkannte Netzverlust wurde erhöht. Trotz einer Erhöhung der Anerkennungsgrenze für die Netzverluste auf 14,0 % müssen beginnend mit 1. Jänner 2012 nunmehr sämtliche Netzverluste über den Großhandelsmarkt beschafft werden.

Kroatien

Die EVN erhielt zwischen Juni 2009 und Mai 2010 die Konzessionen für die Errichtung und den Betrieb des Gasnetzes in den kroatischen Gespanschaften Zadar, Split-Dalmatia und Sibenik- Knin. Die Konzession für die Gasverteilung und Gasversorgung wurde auf die Dauer von 30 Jahren vergeben. Die 100 %ige Tochtergesellschaft EVN Croatia Plin d.o.o. ist für die Errichtung des Gasverteilnetzes in Teilgebieten der drei Gespanschaften verantwortlich.

Der Spatenstich für die Gasnetzverlegearbeiten in Zadar fand im April 2011 statt. Nach Erteilung der Genehmigung zur Erdgasverteilung im Dezember 2011 konnten im Juni 2012 das Gasnetz in Betrieb genommen und die ersten Kunden an das Gasnetz der EVN angeschlossen werden. Die Planungs- und Vorbereitungsarbeiten in den Gespanschaften Šibenik-Knin und Split sind während der Berichtsperiode fortgeschritten. Insgesamt soll ein Verteilernetz mit einer Gesamtlänge von knapp 1.450 km errichtet werden, das 130.000 Kunden mit Gas versorgt.

Nach mehrjährigen Verhandlungen wurde im Dezember 2011 der EU-Beitrittsvertrag Kroatiens unterzeichnet; mit dem offiziellen Beitritt wird im Juli 2013 gerechnet. In den kommenden Jahren sollen die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Liberalisierung des Energiemarkts erstellt und durchgeführt werden. Die aktuelle Regulierungsperiode beträgt ein Kalenderjahr. Demnach könnte jährlich ein neuer Tarif beantragt werden. Die Spezifika eines Green-Field-Projekts mit hohen Anfangsinvestitionen bei geringer Kundenanzahl werden im derzeitigen Tarifsystem nicht reflektiert. In Zusammenarbeit mit der Energy Community wird von der EVN eine Angleichung der Tarifsystematik auf europäisches Marktniveau erarbeitet. Die Haushaltstarife sind bis August 2013 streng reguliert, danach soll eine stufenweise Marktöffnung erfolgen. Bis dato war die Regulierungsbehörde nicht unabhängig tätig. Erst als Folge der Neuwahlen Ende 2011 nimmt die Behörde sukzessive die gesetzlich normierten Aufgaben wahr. In Kroatien sind die Endkundenpreise für Haushalte deutlich niedriger als in anderen Ländern Europas, trotz einer im Mai 2012 erfolgten Erhöhung der Gaspreise um 22,0 %.

Albanien

Ein Konzessionsvertrag für das Wasserkraftwerk Ashta wurde im September 2009 von der albanischen Regierung sowie von den Projektpartnern Verbund AG und EVN unterzeichnet. Dem Projekt am Fluss Drin im Norden Albaniens liegt der erste Großwasserkraftwerks- Konzessionsvertrag der Republik Albanien mit ausländischen Partnern zugrunde. Im September 2012 haben EVN und Verbund AG die erste Kraftwerksstufe des Kraftwerks Ashta eröffnet. Das Projekt wurde im Rahmen eines Build-Own- Operate-Transfer-(BOOT)-Modells umgesetzt. Verbund AG und EVN besitzen und betreiben das Kraftwerk über die gesamte Dauer der 35-jährigen Konzessionsperiode. Nach Ablauf der Periode wird das Kraftwerk an die Republik Albanien übergeben. Der in Ashta erzeugte Strom wird aufgrund eines Stromabnahmevertrags für eine Laufzeit von 15 Jahren zur Gänze vom staatlichen albanischen Energieversorger Korporata Elektroenergjetike Shqiptare (KESH) abgenommen. Danach kann der Vertrag entweder verlängert oder der Strom frei am Markt verkauft werden.

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