Segment Energie
Im Segment Energie ist die EVN in Niederösterreich und Südosteuropa aktiv. In Niederösterreich umfasst ihr Leistungsportfolio die Versorgung mit Strom, Gas und Wärme und damit verbundene Dienstleistungen. Im Bereich Strom und Wärme deckt EVN die ganze Wertschöpfungskette, im Bereich Gas die Wertschöpfungsstufen Verteilung und Netze ab. Der Vertrieb Strom und Gas sowie der Gasbezug und -handel erfolgen über Vertriebsgesellschaften mit Joint-Venture-Partnern. Das Produktportfolio erweitern die Tochtergesellschaften mit verwandten Geschäftsfeldern sowie regionales Kabel-TV und Telekommunikationsinfrastruktur. In Südosteuropa hat EVN vor allem im Endkundenmarkt eine starke Marktposition aufgebaut. In Bulgarien versorgt sie ein Drittel des Strommarkts. Dem vertikalen Geschäftsmodell in Niederösterreich folgend wurde im Vorjahr mit der Übernahme eines Fernwärmeversorgers im Versorgungsgebiet die Wertschöpfungskette verlängert. In Mazedonien wird im Bereich der Stromversorgung das gesamte Staatsgebiet abgedeckt. Zusätzlich verfügt EVN mit elf Wasserkraftwerken über geringfügige Produktionskapazitäten. Im Geschäftsjahr 2008/09 wurden Projektgesellschaften in Albanien bzw. Kroatien für die Errichtung von drei Wasserkraftwerken am Fluss Devoll bzw. der Gasnetze in der kroatischen Region Zadar an der Adriaküste gegründet.
Die Rahmenbedingungen für das Segment Energie in Österreich sowie in Südosteuropa werden im Lagebericht ausführlich beschrieben.
Marktumfeld und Erfolgsfaktoren
Business Unit Erzeugung
Zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit verfolgt die EVN die Strategie, ihre Energieerzeugungskapazitäten möglichst vielfältig, ausgewogen und flexibel zu gestalten. Die EVN erzeugt Strom aus thermischen Quellen und erneuerbarer Energie, vor allem Wasser- und Windkraft. Aktuell realisiert die EVN mehrere Kraftwerksprojekte und forciert den Ausbau erneuerbarer Energiequellen.
Der Verlauf des operativen Ergebnisses dieses Business Units hängt von nachstehenden Faktoren ab:
- Preisentwicklung am europäischen Strommarkt
- Entwicklung der Primärenergiepreise
- Aufwendungen für CO2-Zertifikate
- Entwicklung der Energienachfrage
Auf diese Einflussfaktoren muss mit einer flexibel variierbaren Zusammensetzung von unterschiedlichen Primärenergieträgern reagiert werden. Die in den thermischen Kraftwerken eingesetzten Brennstoffe sind dafür langfristig abzusichern. Der Kohlebedarf für das Kraftwerk Dürnrohr wird beispielsweise zum Großteil über langjährig bewährte europäische Vertragspartner abgedeckt. Zudem erfolgt eine lokale Bevorratung direkt am Standort.
Die Preisentwicklung am europäischen Strommarkt ist konsequent zu analysieren, um den Grad der Eigenerzeugung möglichst kosteneffizient steuern zu können. Um dem prognostizierten Anstieg der Energienachfrage gerecht werden zu können, gilt es gleichzeitig die Erzeugungskapazitäten zu erhöhen und alle Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung der bestehenden Anlagen auszuschöpfen.
Business Unit Netze
Diese Geschäftseinheit umfasst den Betrieb der Strom- und Gasnetze sowie der Netze für Kabel-TV und Telekommunikation in Niederösterreich und – seit der Akquisition eines lokalen Telekomanbieters im Geschäftsjahr 2008/09 – im Burgenland. Der Strom- wie auch der Gasnetzbereich unterliegen einer Regulierung durch die Regulierungsbehörde E-Control GmbH. Anfang 2006 wurde für den Strom- und Anfang 2008 für den Gasbereich ein mehrjähriges Anreizregulierungsmodell eingeführt. Das dadurch bestimmte Tarifmodell orientiert sich an einem nationalen Benchmarking der österreichischen Betreiber von Verteilernetzen, aus dem die EVN als eines der effizientesten Unternehmen hervorging. Aufgrund der Mehrjährigkeit dieser Modelle wird eine Rechts- und Planungssicherheit für die Betreiber gewährleistet, wenngleich im aktuellen System zu schwache Anreize für laufende Ersatz- sowie Erweiterungsinvestitionen bestehen. Das Ergebnis des Business Units Netze ist aufgrund seiner hohen Fixkostenkomponente stark von den Absatzmengen und somit – vor allem im Gasnetzbereich – von der Witterung abhängig.
Business Unit Energiebeschaffung und -vertrieb
Die Beschaffung von Strom und Gas sowie der Handel mit und der Verkauf von Strom und Gas in Österreich erfolgen im Rahmen der EnergieAllianz Austria GmbH, einer gemeinsamen Vertriebstocher von EVN, den Strom- und Gasversorgern in Burgenland und Wien Energie. Der gesamte Gasbezug und -handel der EVN wird über die EconGas GmbH, eine gemeinsame Handels- und Großkundengesellschaft der im Gasbereich tätigen EnergieAllianz Austria-Partner sowie der EGBV Beteiligung GmbH und der OMV, abgewickelt. Mit der Auslagerung dieser Wertschöpfungsstufen in partnerschaftliche Unternehmen entstanden wettbewerbsfähige Einheiten, die Größenvorteile ermöglichen. Die von der EVN in Österreich produzierte und an Privat- und Gewerbekunden verkaufte Wärme wird ebenfalls im Business Unit Vertrieb erfasst. Die Wärmeproduktion erfolgt in eigenen Fernheizwerken, Nahwärme- und Cogeneration-Anlagen, durch Wärmeauskopplung in den thermischen Kraftwerken sowie durch Biomasse. Mit 44 Anlagen ist die EVN der größte Biomasse-Wärmeversorger Österreichs.
Die Profitabilität des Business Units Vertrieb wird hauptsächlich vom Energieabsatz und von internationalen Primärenergiepreisen bzw. Beschaffungspreisen für Strom und Gas beeinflusst. Im Sinne der Versorgungssicherheit kauft EVN Primärenergie und Strom auf dem Terminmarkt. Gas wird zum größten Teil auf Basis langfristiger Verträge bezogen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden diese Verträge der EconGas GmbH mit Gaslieferanten vollständig erneuert und ihre Laufzeit auf über 2020 hinaus verlängert. Den Preis für Erdgas bestimmen – mit einer Verzögerung von rund sechs Monaten – vor allem die internationalen Notierungen für Rohöl. In der Strom- und Gasbeschaffung wird im Rahmen der EnergieAllianz Austria GmbH eine aktive Hedging-Politik betrieben. Im Stromgeschäft besteht zudem ein natürliches Hedging durch die Eigenproduktion. Im Wärmegeschäft sind die Verkaufspreise sämtlicher Produkte wertgesichert, wofür in nahezu allen Verträgen eine Bindung an öffentlich erhobene Preisindizes besteht.
Business Unit Südosteuropa
In diesem Geschäftsfeld werden im Wesentlichen die Stromnetzbetreiber und -versorger, der Stromhandel und die Stromerzeugung der EVN in Bulgarien und Mazedonien sowie die geplanten Aktivitäten im Gasbereich in Kroatien zusammengefasst. Aufgrund des wirtschaftlichen Aufholprozesses wird in diesen Märkten mit einem deutlichen Anstieg der Energienachfrage gerechnet. In der gesamten südosteuropäischen Region ist aufgrund der zunehmenden Lücke zwischen der Stromnachfrage und den bestehenden Produktionskapazitäten mittelfristig mit deutlichen Preisanstiegen zu rechnen.
In Bulgarien wurde der Strommarkt mit Juli 2007 liberalisiert, eine tatsächliche Wettbewerbssituation konnte sich bislang jedoch noch nicht einstellen. In Mazedonien ist der Strommarkt noch weitgehend reguliert. Details zum rechtlichen Umfeld in diesen Märkten finden sich im Lagebericht.
Strategische Handlungsfelder des Segments Energie
Im Segment Energie wird die EVN mit zahlreichen Entwicklungen und Herausforderungen konfrontiert, denen sie mit folgenden Aktionen und Vorhaben begegnet:
Herausforderung | Positionierung der EVN | Weiterführende Informationen |
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1) Nachhaltigkeitsbericht 2008/09 | |||||||
2) Geschäftsbericht 2008/09 | |||||||
Integration und Modernisierung in Bulgarien und Mazedonien weitgehend abgeschlossen; in Mazedonien nun Anpassung des juristischen und regulatorischen Umfelds notwendig |
Seite 27 f NB1) | ||||||
Wachstum und Integration |
Konzession Erdgasverteilung und -versorgung in den Gespanschaften Zadar und Split-Dalmatien in Kroatien |
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Mit rund 3 Mio. Stromkunden dank Expansion in Südosteuropa relevante Unternehmensgröße erreicht | |||||||
Wettbewerbsfähigkeit | Stärkung der Marktposition in Österreich über EnergieAllianz Austria GmbH, einen führenden Energiedienstleister in Mitteleuropa mit rund 3,3 Mio. Kundenanlagen |
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Ausbau und Flexibilisierung der Erzeugungskapazitäten | Seite 30 f NB | ||||||
Laufende Investitionen in Netzinfrastruktur | Seite 26 NB | ||||||
Gaspeicherkapazitäten über Beteiligungen an der Rohöl-Aufsuchungs AG und EconGas GmbH | |||||||
Versorgungssicherheit | Langfristige Beschaffungspolitik und Hedging | ||||||
Ausbau der Erzeugungskapazitäten im In- und Ausland | Siehe unten1) und Seite 30 f NB | ||||||
Revitalisierung von bestehenden Wasserkraftwerken, weitere Windparks in Niederösterreich in Planung | |||||||
Errichtung eines Windparks sowie Planung von Wasserkraftwerken in Bulgarien | Siehe unten1) | ||||||
Zahlreiche Maßnahmen zur Effizienzsteigerung in der Erzeugung und bei Netzen | |||||||
Ausbau der Energieberatung und -dienstleistungen für Endkunden | Seite 39 f NB | ||||||
Forcierung alternativer Kraftstoffe | Seite 41 NB | ||||||
Klima- und energiepolitische Rahmenbedingungen |
Forschungsprojekte für CO2-arme Kraftwerke | Seite 42 NB |
Mittelfristig Eigenerzeugungsquote von 40 % bis 60 % angestrebt
Um die Abhängigkeit von Bezugspreisschwankungen zu reduzieren und eine vorausschauende Preiskalkulation für Endkunden sicherstellen zu können, ist ein ausgewogenes Verhältnis von Absatzmengen und unternehmenseigenen Erzeugungskapazitäten notwendig. Die EVN hat sich deshalb als mittelfristiges Ziel gesetzt, 40 % bis 60 % des Stromabsatzes aus eigener Erzeugung bzw. Strombezugsrechten zu generieren (Geschäftsjahr 2008/09: 17,8 %). Die Stromerzeugung soll in einer ausgewogenen Mischung aus thermischer Energie und erneuerbaren Energiequellen erfolgen. Detaillierte Angaben zum Ausbau der erneuerbaren Energiequellen finden sich im Nachhaltigkeitsbericht ab Seite 30.
Eigene Produktionskapazitäten in Südosteuropa im Aufbau
Um den zukünftigen Energiebedarf der Strommärkte der EVN in Südosteuropa aus eigener Kraft abdecken zu können, plant sie, schrittweise Produktionskapazitäten in dieser Region aufzubauen. Mit der Akquisition des zweitgrößten bulgarischen Fernwärmeversorgers TEZ Plovdiv und dem Abschluss der Revitalisierung der elf Kleinwasserkraftwerke in Mazedonien im Vorjahr konnten erste erfolgreiche Schritte gesetzt werden. In Plovdiv ist eine Cogeneration-Anlage in Planung. Für weitere Projekte in den Bereichen Wasser- und Windkraft sowie Photovoltaik wurde im Berichtsjahr wertvolle Vorarbeit geleistet.
Projekte in Bulgarien
In Kavarna, Bulgarien errichtet die EVN im Rahmen eines Joint Venture 25 Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 50 MW bzw. einer geplanten jährlichen Erzeugung von 140 GWh. In Blatec wird eine Photovoltaikanlage mit einer Kapazität von 1 MW und einer jährlichen Stromproduktion von 1,3 GWh errichtet. Ebenfalls in Bulgarien prüft ein Konsortium, an dem die EVN führend beteiligt ist, ein Projekt zur Errichtung von Wasserkraftwerken und der Erneuerung bestehender Dämme am Fluss Gorna Arda.
Investitionsprogramm für Niederösterreich
Im Rahmen des Energiekonzepts für den niederösterreichischen Zentralraum realisiert die EVN mehrere Projekte rund um den Kraftwerksstandort Dürnrohr mit einem Investitionsvolumen von über 200 Mio. Euro. Im Berichtsjahr konnte die längste Fernwärme-Transportleitung Österreichs, die über 31 km von Dürnrohr nach St. Pölten führt, großteils fertig gestellt werden. Sie versorgt die Landeshauptstadt ab der Heizperiode 2009/10 mit Fernwärme, die aus unterschiedlichen Quellen des Kraftwerksstandorts stammt. Die Arbeiten zur Errichtung der Linie 3 der Thermischen Abfallverwertungsanlage am Standort Zwentendorf/Dürnrohr konnten im Berichtsjahr ebenfalls planmäßig fortgesetzt werden. Mit der Inbetriebnahme Anfang 2010 wird die Gesamtkapazität von 300.000 t auf 500.000 t Abfall und die thermische Leistung von 120 MW auf 210 MW erhöht werden.
Investitionen in Netzinfrastruktur bei Strom und Gas
Neben diesen umfassenden Projektfortschritten wurde im Berichtsjahr die Realisierung der überregionalen Gastransportleitung „Südschiene“ gestartet, die von Gänserndorf an den Semmering führt. Bis Jahresende 2012 werden rund 114 Mio. Euro investiert. Weitere Investitionsschwerpunkte im Netzbereich bildeten im Berichtsjahr die Inbetriebnahme der 380-kV-Leitung von Etzersdorf nach Theiß sowie die Fertigstellung des Umspannwerks Theiß.
Ausbau der Stromerzeugungskapazitäten im Ausland
Aktuell verfolgt die EVN mehrere Projekte zur Realisierung von Kraftwerken im europäischen Ausland, die sich in unterschiedlichen Phasen befinden. Bereits im Jahr 2006 erfolgte der Spatenstich zur Errichtung eines 790-MW-Steinkohlekraftwerks im deutschen Duisburg-Walsum. Seine Inbetriebnahme ist für 2010 geplant, womit sich die Produktionskapazitäten der EVN um etwa 20 % erhöhen und weiter diversifizieren werden.
Großprojekt in Albanien
In Albanien ging die EVN im Rahmen eines Joint Venture im Jänner 2008 als Bestbieter beim internationalen Vergabeverfahren zur Errichtung von drei Spitzenlast-Speicherkraftwerken am Devoll-Fluss hervor. Der Konzessionsvertrag für die Errichtung dieser Kapazitäten mit einer Leistung von rund 340 MW und einer Jahreserzeugung von rund 1.000 GWh mit dem norwegischen Joint-Venture-Partner Statkraft wurde im Dezember 2008 unterzeichnet und Ende Februar 2009 durch das albanische Parlament ratifiziert. Die Grundsteinlegung erfolgte Anfang Juni 2009. Parallel zu diesem Vorhaben wird eine Partnerschaft mit der Verbundgesellschaft für den Bau eines Wasserkraftwerks am Fluss Drin, Albanien angestrebt.